Orientierung in den Orientierungsangeboten

14.05.2015

Der Übergang von der Schule in die Hochschule war schon immer ein besonderer Wendepunkt auf dem Lebensweg junger Menschen. Seit den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts wurden hier deswegen besondere Angebote zu Information, Beratung, Unterstützung und Begleitung bereitgehalten.

Differenzierte Angebote innerhalb der Hochschule …

Während früher die Beteiligten mit den Schüler/-innen in den Schulen und den Studienberater/-inne/-n an den Hochschulen eindeutig waren, vermehrten sich mit der Zeit die Angebote wie auch die Akteure auf diesem Gebiet. Innerhalb der Hochschulen differenzierte sich das Feld sowohl der Anbieter als auch der Angebote aus, so dass sich neben den Studienberatungen nun auch die Fakultäten und Fächer um ihren Nachwuchs kümmerten und sich mit speziellen Informationen und Angeboten an die Studieninteressierten wandten. Begleitet war diese Ausdifferenzierung von einer regen Intensivierung der Kooperation zwischen Zentralen und dezentralen Informations- und Beratungsangeboten an den Hochschulen, wofür die nahezu flächendeckend bei Hochschulen angebotenen Schnupper- oder Probierstudientage, Hochschulinformationstage u.v.a.m. zahlreiche Belege liefern.

… und außerhalb

Daneben engagierten sich auch die Arbeitsagenturen zunehmend mit eigenen Angeboten, die aber ebenso häufig in Abstimmung und mit Unterstützung der Hochschulen stattfinden. Dazu kamen dann noch die offiziellen und hochschulübergreifenden Informationsportale, wie der Hochschulkompass der HRK oder studienwahl.de, deren Inhalte von den Hochschulen bereitgestellt und gepflegt werden.

Sicherlich kann man die Vielfalt der Informationen und Angebote der Hochschulen zum Teil als unübersichtlich und hinsichtlich der Informationsverarbeitung als überfordernd wahrnehmen, vielleicht auch aufgrund der (wild) gewachsenen Struktur (vgl. Bischoff & Neuss, ZBS 1/2013), aber es sind immerhin die Angebote derjenigen Institution, um die es geht: der Hochschule.

Privatwirtschaftliche Initiativen

Seit einiger Zeit drängen zunehmend privatwirtschaftliche Initiativen mit enormer finanzieller aber auch politischer Unterstützung auf den Markt, welche die Orientierung der Ratsuchenden deutlich erschweren. Deutlich bunter, deutlich lauter, deutlich auffälliger als die bereits vorhandenen Angebote verschaffen sich diese in der mediale Öffentlichkeit Gehör und werben mit Versprechungen, die über die etablierten Hochschulkanäle niemand mehr hört, die aber aufgrund professioneller Vermarktung den Anschein der Innovation in sich tragen. So wurde in der jüngsten Veröffentlichung des Deutschen Zentrums für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW) zum „Informationsverhalten bei der Studien- und Berufswahl“ die Angebote der Hochschulen nicht weiter nach unterschiedlichen Institutionen ausdifferenziert sondern als „eine Informationsquelle“ benannt, wohl aber die privaten Studienberatungen explizit genannt.

www.dzhw.eu
DZHW-Veröffentlichung zum „Informationsverhalten bei der Studien- und Berufswahl“ (pdf)

Hinzu kommen die Initiativen, die mit dem Glanz der Innovation und hoher politischer Förderung ohne Rücksicht auf bereits bestehende Angebote an den Hochschulen Parallelstrukturen etablieren – hier erwächst der steuergeldfinanzierten Regelstruktur innerhalb der Hochschulen Konkurrenz durch steuergeldfinanzierte Projektförderung außerhalb.

Kritische Anfragen

Es ist hier nicht der Ort, einzelne Initiativen und Angebote durch besondere Nennung herauszuheben und damit zu adeln. Hier ist vor allem zu fragen:

Warum bekommen diese externen Angebote politische und finanzielle Unterstützung, obwohl an nahezu jeder Hochschule entsprechende Angebote zu Information und Beratung kostenfrei – weil steuerfinanziert – vorgehalten werden?
Warum müssen sich Einrichtungen der Hochschulen immer wieder mit aufwendigen Projektanträgen in gegenseitiger Konkurrenz um die schmalen finanziellen Förderressourcen bemühen und gleichzeitig hinsichtlich der Nachhaltigkeit bei Auslaufen der Förderung auch noch Gegenstand des Risikomanagements der Hochschule werden (Scholz, ZBS 4/2013), während privaten Initiativen und partiellen Angeboten die Förderung per se gewährt wird?
Wie tragen Partikularangebote im Gegensatz zu den offiziellen, übergreifenden und umfassenden Informationsangeboten zur Übersichtlichkeit und Transparenz bei?

Die ´´´GIBeT fordert daher die Vertreter/ -innen der Wissenschaftsministerien in Bund und Ländern sowie der hochschulnahen Organisationen auf, die Hochschulen mit ihren Informations- und Beratungsangeboten zu stärken, zu fördern und hier keine die Ratsuchenden hindernden Parallelstrukturen oder spezielle Partikularangebote mit großer medialer Wirkung zu befördern, welche die bestehenden, zuverlässigen und qualitativ hochwertigen Hochschulangebote in ihrer Wirkung eher behindern als ergänzen.