Beratung unter dem Eindruck von SARS-CoV-2 – Statement des GIBeT-Vorstands

30.03.2020

Schulen und Hochschulen bleiben angesichts der sich verschärfenden SARS-CoV-2 Pandemie vorerst geschlossen, und die Hochschulen bemühen sich derzeit, Lehre und Betreuung der Studierenden durch digitale Angebote sowie telefonische Information und Beratung aufrecht zu erhalten. Den in der Beratung von Studieninteressierten und Studierenden tätigen Menschen ist damit eines, wenn nicht sogar das zentrale Element ihrer Arbeit verwehrt: Die „persönliche“ Beratung.

In zahlreich veröffentlichten Beratungsverständnissen, Selbstverständnissen, Qualitätsstandards guter Beratung u.a.m. wird genau dieser Aspekt, die persönliche Beratung – face to face – stets betont. Die Auswirkungen des Fehlens dieses Kommunikationssettings wird uns dieser Tage in unfreiwilliger Selbsterfahrung besonders eindrucksvoll bewusst, wenn wir uns in der Beratung bemühen, ausschließlich via Telefon oder Videokontakt, per E-Mail sowie mit Chat und anderen digitalen Substituten, unsere Beratungsleistung zu erbringen – Anliegenklärung, Beziehungsaufbau, Gesprächsführung, nonverbale Aspekte, somatische Marker u.v.a.m. sind nur einige Aspekte des Beratungsgesprächs, die unter den reduzierten, stark eingeschränkten Kanälen massiv leiden.

Selbstverständlich ist „social distancing“ das Gebot der Stunde und wird es auf absehbare Zeit auch bleiben. Gleichwohl ist die Herausforderung aus diesem erforderlichen räumlichen Abstand keine bildungsbiographischen Nachteile entstehen zu lassen, da neben der persönlichen Beratung auch alle mehr oder minder großen Informationsveranstaltungen, Schulbesuche, Workshops, Bildungsmessen etc. ersatzlos abgesagt und bis auf weiteres ausgesetzt wurden und die Entwicklung digitaler Ersatzangebote seine Zeit braucht. Auf der anderen Seite steigt die Verunsicherung aufgrund der unklaren Situation und damit auch der Unterstützungs- und Beratungsbedarf. Zudem ist die Wahrnehmung der entsprechenden Onlineangebote zu Beratung und Information für ein Studium wie so viele Bildungsangebote insbesondere in Deutschland eng mit der sozialen Herkunft und dem Status verknüpft. Und diese Wirkung wird durch die ausfallenden unterstützenden Strukturen von Schulen und Hochschulen sowie durch die Isolation und verringerte direkte Austauschmöglichkeiten innerhalb der peergroups massiv verstärkt.

Wenngleich es uns gelingen mag, unter dem Eindruck von SARS-CoV-2 unsere Informations- und Beratungsaufgaben dergestalt durch telefonische und digitale Angebote zu substituieren, kann dies kein Argument für den Ersatz des klassischen Beratungshandelns sein. Klar ist, dass die aktuelle Situation unserer Tätigkeit vorübergehenden Charakter hat, dass die Lehren und Erfahrungen dieser Zeit im Einsatz und im Umgang mit Onlinetools die künftige Beratungsarbeit mehr flankieren und besser unterstützen werden als bislang und dass die Verbreitung digitaler Angebote in der Beratungsarbeit alltäglicher werden wird. Klar ist allerdings auch, dass deren solitärer Einsatz keinen gleichwertigen Ersatz für die persönliche face-to-face Beratungsarbeit darstellt.

Der GIBeT-Vorstand